Beim Galaabend der Stadt Trebnitz verleiht Bürgermeister
Marek Dlugozima (links) Claus Lux aus Kitzingen den
Titel Ehrenbürger von Trebnitz. Foto: Willi Paulus
Es war ein historischer Moment in der Geschichte der
Partnerstädte Kitzingen und Trebnitz (Trzebnica). Claus
Lux aus Kitzingen wurde im polnischen Trebnitz zum
Ehrenbürger ernannt.
„Ich durfte in meiner Amtszeit nur wenige derart
ergreifende Momente erleben wie diese hohe Auszeichnung
für Claus Lux in seiner schlesischen Heimat“, sagte
Oberbürgermeister Siegfried Müller, der die 43-köpfige
Delegation aus Kitzingen anführte.
Schulpartnerschaft begründet
Ein weiterer Höhepunkt der viertägigen Reise war die
Gründung einer Schulpartnerschaft zwischen dem
Armin-Knab-Gymnasium (AKG) Kitzingen und dem Gymnasium I
in Trebnitz. Mit großer Herzlichkeit wurden die Gäste
aus Kitzingen empfangen und betreut. Bei der
Galaveranstaltung im neuen Kulturhaus von Trebnitz, bei
der auch Ärzte für große Erfolge in der Handchirurgie
geehrt wurden, war sogar der stellvertretende polnische
Ministerpräsident Jaroslaw Gowin erschienen, der Claus
Lux gratulierte und ein Grußwort an die Kitzinger
Delegation richtete.
Bürgermeister verstehen sich ohne viele Worte
Bürgermeister Marek Dlugozima würdigte eingangs das
beeindruckende Lebenswerk von Claus Lux, der als
Siebenjähriger aus Schlesien vertrieben wurde und in
Kitzingen eine neue Heimat fand. Lux habe von Anfang an
mit Pater Professor Antoni Kielbasa am Aufbau der
Partnerschaft gearbeitet, die ihren Ursprung in der
Geschichte der heiligen Hedwig habe. Im Kitzinger
Kloster wurde Hedwig erzogen, in der Trebnitzer Basilika
liegt ihre Grabstätte.
Mit ungewöhnlichem Engagement habe Claus Lux den
Prozess der Versöhnung und die Partnerschaft zwischen
den Städten vorangetrieben. Auf dieser Basis habe man
aufgebaut und inzwischen viele kulturelle und schulische
Kontakte zu Kitzingen entwickelt. „Claus Lux ist ein
besonderer Mensch, er fühlt, was wir fühlen“, sagte der
Trebnitzer Bürgermeister.
Neben seiner Rührung über die Auszeichnung brachte
Oberbürgermeister Siegfried Müller seine Freude zum
Ausdruck, dass über die heilige Hedwig hinaus so viele
Kontakte und Freundschaften zwischen den Bürgern beider
Städte entstanden seien. Mit seinem Kollegen und Freund
Marek Dlugozima verstehe er sich auch ohne viele Worte.
Ganz besonders freue es ihn, dass in Zeiten, wo
politisch Verantwortliche in fast ganz Europa wieder
verstärkt national statt europäisch agieren, ein 1945
aus Schlesien geflüchteter kleiner Bub 71 Jahre später
wieder Bürger seiner schlesischen Heimat ist.
Ehrenbürgerschaft verliehen
Claus Lux betonte nach der Verleihung der
Ehrenbürgerschaft, dass er der alten Heimat Schlesien
bis zum heutigen Tage als Vorsitzender der
Landsmannschaft und dem Bund der Vertrieben verbunden
sei. „In der Trauer ob des Verlustes der Heimat zu
verharren bedeutet, bitter zu werden, rückwärts gewandt
zu bleiben und in der Vergangenheit verhaftet zu leben.
Hoffnung vermittle ein Gefühl dafür, dass das Schicksal
nicht besiegelt ist, sondern das etwas Neues kommen
kann“, sagte Lux. Deshalb habe er mit Überzeugung und
Begeisterung die Aufgabe übernommen, im Freundeskreis
der Partnerstädte die Städtepartnerschaft federführend
zu unterstützen.
„Die Ehrenbürgerwürde nehme
ich an mit großer Ergriffenheit, tief empfundener
Dankbarkeit und Demut.“
Beim Galaabend wurde auch die Schulpartnerschaft
zwischen dem Gymnasium I in Trebnitz und dem Kitzinger
Armin-Knab-Gymnasium unterzeichnet. In Vertretung von
Schulleiterin Margit Hofmann sprach Lehrerin Monika
Vogel in fließendem Polnisch gegenüber Direktorin
Elzbieta Nowak eine Einladung für einen Besuch des
Trebnitzer Gymnasiums 2017 nach Kitzingen aus.
Pater Jerzy Olszowka überreichte OB Müller eine
Urkunde zur Mitwirkung im Ehrenkomitee, das das
750-jährige Jubiläum der Heiligsprechung der heiligen
Hedwig durch Papst Clemens IV vorbereitet.
Kulturhauptstadt Breslau besucht
Weitere Kontakte wurden auch zwischen den Musik,-
Berufs- und Grundschulen geknüpft. Claus Christoph und
Renate Haass trafen sich mit Trebnitzer Künstlern zur
Vorbereitung einer Ausstellung zum zehnjährigen Bestehen
der Städtepartnerschaft.
Auf dem weiteren Programm für die Reisegruppe standen
unter anderem auch der Besuch in der europäischen
Kulturhauptstadt Breslau, die Besichtigung von Schloss
Fürstenstein in Waldenburg, und die Teilnahme am
Trebnitzer Obstgartenfest.
Bernd Moser: Ein Beispiel
des Gelingens
Im Rahmen des Besuchs einer
Kitzinger Delegation in unserer polnischen Partnerstadt, im
September diesen Jahres, wurde dem stellvertretenden Vorsitzenden
des Freundeskreises der Partnerstädte Kitzingen und für den
Austausch mit den polnischen Freundinnen und Freunden zuständigen
Vorstandsmitglied Claus Lux die Ehrenbürgerwürde von Trzebnica
(Trebnitz) verliehen. Dies war im Zusammenhang mit den bestehenden
Partnerschaften die erste Verleihung der Ehrenbürgerschaft an eine
Persönlichkeit, die nicht gleichzeitig oberster Repräsentant einer
der Städte war.
In seinem Werk "Das Prinzip
Hoffnung" spricht Ernst Bloch davon, dass "es darauf ankäme, das
Hoffen zu lernen" und fügt hinzu, dass das Gefühl des "Hoffens (...)
die Menschen weit mache, statt sie zu verengen".
Die Verleihung der
Ehrenbürgerwürde an Claus Lux durch den Stadtrat unserer polnischen
Partnerstadt ist, wie ich meine, nicht nur ein historischer
Augenblick in der kurzen Geschichte dieser Partnerschaft, sondern
auch ein besonderes Signal der Hoffnung für die dauerhafte
Aussöhnung zwischen der polnischen und deutschen Nation.
Um deren Bedeutung erfassen
zu können ist es zunächst nötig, sich bewusst zu machen, in welch
engem Maße die Geschichte der deutschen und polnischen Nation und
das Schicksal ihrer Menschen in der Vergangenheit und vor allem in
der neueren und neuesten Zeit miteinander verwoben waren und sind.
Friedrich II., der sogenannte
"Große", der danach trachtete die brandenburgischen Stammlande
zusammenzuführen, ihnen weitere Bereiche wie Schlesien und Sachsen
hinzuzufügen, um dadurch Preußen zu einer europäischen Macht zu
erheben, trat deshalb in drei Schlesischen Kriegen (1740 - 1763) als
Aggressor gegen das habsburgische Österreich Maria Theresias auf und
war gleichfalls Initiator der ersten Polnischen Teilung von 1772,
der bis 1795 zwei weitere folgten. Mit der endgültigen Niederlage
Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) endeten die seit
1792 in Mitteleuropa tobenden Kriege. Die Beschlüsse des darauf
folgenden Wiener Kongresses von 1815 regelten die territoriale
Neuordnung Mitteleuropas und machten das Streben Polens nach einer
staatlichen Einheit im größeren Rahmen unmöglich, ganz zu schweigen
von der Vision eines "Groß-Polen". Selbst in den Debatten der
Frankfurter Nationalversammlung von 1848 wurden, mit Blick auf die
Wiedergründung Polens, von verschiedenen Rednern slawische
Gebietsansprüche bis an die Saale als grundsätzlich berechtigt
qualifiziert, Gebiete, die ihnen seit dem 10. Jahrhundert entrissen
worden waren. Die polnischen Forderungen wurden jedoch auf der
Grundlage eines "gesunden Volksegoismus" pauschal abgelehnt. Dies
geschah im Namen eines Grundsatzes der Machthaber, den der englische
Premierminister Lord Palmerston Mitte des 19. Jahrhunderts den
Vertretern des sogenannten "Kongresspolens" entgegenhielt, als diese
um die Unterstützung Englands gegenüber der Besatzungsmacht Russland
und für die Unabhängigkeit Polens baten und dies mit dem Gebot der
"Humanität" begründeten. Seine Antwort lautete: "Wir sprechen über
Politik, nicht über Humanität!" Politik wird damit zum bloßen
Ausdruck von Interessen und ohne direkten Bezug zu Humanität, den
Grundsatz, der doch menschliches Zusammenleben prägen sollte.
So war erst das Ende des
"Großen Krieges", des 1. Weltkrieges, verbunden mit dem
Zusammenbruch der alten Weltordnung, der Moment der Wiedergeburt des
polnischen Nationalstaates. Doch bereits gut zwanzig Jahre später
machte der im Namen Deutschlands begonnene 2. Weltkrieg dem schon
wieder ein Ende und die Humanität geriet ein für allemal unter die
Räder. Polen hatte in Relation zur Anzahl der Bevölkerung dabei die
meisten Opfer zu beklagen.
In Folge der territorialen
Konsequenzen des Potsdamer Abkommens, die aufgrund des geheimen
Hitler-Stalin-Paktes auch einen Teil der polnischen Bevölkerung zu
Vertriebenen machte, mussten etwa 7 Millionen Deutsche, die bis 1945
und seit vielen Generationen in diesem westlichen Teil des heutigen
Polen gelebt hatten, das Land verlassen, wenn sie nicht schon vorher
aus Angst vor den Truppen der Roten Armee und der Rache der
Befreiten geflohen waren.
Die 200 Jahre Krieg und
Vertreibung in Europa, die in der Apokalypse des 2. Weltkriegs ihren
grausamen Höhepunkt erfuhren, ließen nach den Jahren des
wirtschaftlichen Wiederaufbaus bei vielen und gerade auch jungen
Menschen in Deutschland die Überzeugung wachsen, dass unser
demokratisches Gemeinwesen Bürgerinnen und Bürger braucht, die das
"Wagnis der Öffentlichkeit" (Hannah Arendt) eingehen und sich
einmischen. Die Gestaltung unserer Welt und die Ausprägung unserer
demokratischen Gesellschaft sollte nicht allein den Repräsentanten
der "großen Politik" überlassen werden und sich auch nicht allein
auf die wiederkehrende Wahrnehmung des Wahlrechts zur Auswahl eben
dieser Repräsentanten beschränken. Dies gilt im besonderen Maße
gerade auch für unsere Zeit, in der eine zunehmende Anzahl von
politischen "Machthabern" und Aspiranten der Macht dem
benachteiligten, abgehängten, ängstlichen und wütenden Teil ihrer
jeweiligen Bevölkerung vorgaukelt, die Probleme der globalisierten
Welt durch einen Rückfall in Handlungsmuster des 19. Jahrhunderts
bzw. des Isolationismus lösen zu können - anstatt sich dem Thema der
ungerechten Verteilung von Bildung, Wissen und materiellem Reichtum
grundsätzlich zuzuwenden und nach gerechten und nachhaltigen
Lösungen zu streben.
Das Beispiel von Claus Lux
ist ein Beleg dafür, in welchem Maße das öffentliche Engagement des
einzelnen Bürgers einen bedeutenden Beitrag zur Gestaltung einer
menschlicheren Welt leisten kann. Seine Generation hat die
entsetzlichen Auswirkungen des 2.Weltkrieges körperlich und seelisch
erlebt. Zusammen mit seiner Familie musste er seine Heimat Schlesien
als Siebenjähriger verlassen, fand nach einigen Irrungen mit ihr
nach Kitzingen und die Flüchtlingsfamilie wurde zum Modell für eine
gelungene Integration, wie man heute sagen würde. Die Familie Lux
fand damit eine neue Heimat.
Claus Lux folgte dem Beispiel
seines Vaters, erlernte das Handwerk des Pfefferküchlers, legte
später die Meisterprüfung im Bäckerhandwerk ab und betrieb bis 2000,
zusammen mit seiner Familie erfolgreich einen Bäckereibetrieb mit
drei Filialen. Gleichzeitig engagierte er sich als Obermeister in
der Innung, deren Ehrenobermeister er noch heute ist.
Der alten Heimat Schlesien
blieb er stets verbunden, seit 1981 als Vorsitzender der
Landsmannschaft und seit 1990 als Vorsitzender des Bundes der
Vertriebenen. Sein Gefühl für die verlorene Heimat war jedoch nicht
allein geprägt vom Gefühl der Trauer ob des Verlustes wie es bei den
ihm vorausgehenden Repräsentanten in diesen Organisationen
vorherrschte. Ihnen gelang es meist nicht aus dem Jahrhunderte
währenden, verhängnisvollen Kreislauf auszubrechen und den Mustern
des "Revanchismus" "valet, lebe wohl" zu sagen. Gleiches gilt sicher
auch mehrheitlich für die Väter-Generation der Vertriebenen. Claus
Lux jedoch war der Überzeugung, dass in der Trauer verharren
bedeutet, bitter ja aggressiv zu werden, rückwärtsgewandt und in der
Vergangenheit verhaftet zu leben.
Das Gefühl der Hoffnung ist
das genaue Gegenteil von Trauer. Die Hoffnung vermittelt uns das
Gefühl dafür, dass das Schicksal nicht besiegelt ist, sondern dass
etwas Neues kommen kann. Für Claus Lux, wie für viele andere seiner
Generation, die das Grauen und die Folgen des 2.Weltkriegs bewusst
erlebt haben, war es die Hoffnung auf ein neues Europa, geprägt von
den Werten der Demokratie, von Toleranz, Menschlichkeit und
Versöhnung.
Er mischte sich deswegen auch
in die Kommunalpolitik ein und wirkte fast 12 Jahre als Mitglied des
Stadtrates seiner neuen Heimatstadt. Deshalb war es für ihn nur
konsequent, sich frühzeitig für die Begegnung mit Trzebnica zu
interessieren, damals auf kirchlicher Ebene. Als sich im Jahr 2007,
der auch heute noch amtierende Bürgermeister Dlugoschima mit der
Bitte an die Stadt Kitzingen wandte, die Verbindungen wieder
aufzunehmen, um zu einer wirklichen Partnerschaft zu gelangen,
setzte sich Claus Lux vehement für ihr Gelingen ein und übernahm mit
großer Überzeugung und Begeisterung diese Aufgabe, um sie auch auf
Seiten des Freundeskreises der Partnerstädte federführend zu
unterstützen.
Seit der feierlichen
Besiegelung der Verbindung im Jahr 2009 wurden offizielle
Partnerschaften zwischen den Musikschulen unserer Städte und den
Gymnasien begründet. Gleichzeitig trugen die zahlreichen Begegnungen
zwischen Bürgerinnen und Bürgern unserer beiden Städte bei
offiziellen und privaten Anlässen dazu bei, gegenseitiges Interesse
zu wecken, die Anderen kennenzulernen, zu verstehen, Freundschaften
zu schließen, miteinander zu feiern, zu musizieren, zu tanzen und
sich zu freuen.
Claus Lux hat einen sehr
großen Anteil am besonderen Gelingen dieser Städtepartnerschaft,
wohl auch deshalb weil "er ein besonderer Mensch ist, er fühlt was
wir fühlen" wie Bürgermeister Dlugoschima bei seiner Auszeichnung
formulierte.
Claus Lux hat seine einst
verlorene Heimat wiedergefunden und fühlt sich auch dort wieder
daheim, weil er dort verstanden, ja geliebt wird und er die Menschen
in Trzebnica auch liebt.
Er hat auf die Hoffnung
gesetzt, war ins Gelingen verliebt und hat dafür einen
entscheidenden Beitrag geleistet. Er hat ein Beispiel gegeben, das
Mut für Nachahmer macht!