21. September 2016

Willi Paulus

Bewegend: Claus Lux wird Ehrenbürger von Trebnitz

Beim Galaabend der Stadt Trebnitz verleiht Bürgermeister Marek Dlugozima (links) Claus Lux aus Kitzingen den Titel Ehrenbürger von Trebnitz. Foto: Willi Paulus

Es war ein historischer Moment in der Geschichte der Partnerstädte Kitzingen und Trebnitz (Trzebnica). Claus Lux aus Kitzingen wurde im polnischen Trebnitz zum Ehrenbürger ernannt.

„Ich durfte in meiner Amtszeit nur wenige derart ergreifende Momente erleben wie diese hohe Auszeichnung für Claus Lux in seiner schlesischen Heimat“, sagte Oberbürgermeister Siegfried Müller, der die 43-köpfige Delegation aus Kitzingen anführte.

Schulpartnerschaft begründet

Ein weiterer Höhepunkt der viertägigen Reise war die Gründung einer Schulpartnerschaft zwischen dem Armin-Knab-Gymnasium (AKG) Kitzingen und dem Gymnasium I in Trebnitz. Mit großer Herzlichkeit wurden die Gäste aus Kitzingen empfangen und betreut. Bei der Galaveranstaltung im neuen Kulturhaus von Trebnitz, bei der auch Ärzte für große Erfolge in der Handchirurgie geehrt wurden, war sogar der stellvertretende polnische Ministerpräsident Jaroslaw Gowin erschienen, der Claus Lux gratulierte und ein Grußwort an die Kitzinger Delegation richtete.

Bürgermeister verstehen sich ohne viele Worte

Bürgermeister Marek Dlugozima würdigte eingangs das beeindruckende Lebenswerk von Claus Lux, der als Siebenjähriger aus Schlesien vertrieben wurde und in Kitzingen eine neue Heimat fand. Lux habe von Anfang an mit Pater Professor Antoni Kielbasa am Aufbau der Partnerschaft gearbeitet, die ihren Ursprung in der Geschichte der heiligen Hedwig habe. Im Kitzinger Kloster wurde Hedwig erzogen, in der Trebnitzer Basilika liegt ihre Grabstätte.

Mit ungewöhnlichem Engagement habe Claus Lux den Prozess der Versöhnung und die Partnerschaft zwischen den Städten vorangetrieben. Auf dieser Basis habe man aufgebaut und inzwischen viele kulturelle und schulische Kontakte zu Kitzingen entwickelt. „Claus Lux ist ein besonderer Mensch, er fühlt, was wir fühlen“, sagte der Trebnitzer Bürgermeister.

Neben seiner Rührung über die Auszeichnung brachte Oberbürgermeister Siegfried Müller seine Freude zum Ausdruck, dass über die heilige Hedwig hinaus so viele Kontakte und Freundschaften zwischen den Bürgern beider Städte entstanden seien. Mit seinem Kollegen und Freund Marek Dlugozima verstehe er sich auch ohne viele Worte. Ganz besonders freue es ihn, dass in Zeiten, wo politisch Verantwortliche in fast ganz Europa wieder verstärkt national statt europäisch agieren, ein 1945 aus Schlesien geflüchteter kleiner Bub 71 Jahre später wieder Bürger seiner schlesischen Heimat ist.

Ehrenbürgerschaft verliehen

Claus Lux betonte nach der Verleihung der Ehrenbürgerschaft, dass er der alten Heimat Schlesien bis zum heutigen Tage als Vorsitzender der Landsmannschaft und dem Bund der Vertrieben verbunden sei. „In der Trauer ob des Verlustes der Heimat zu verharren bedeutet, bitter zu werden, rückwärts gewandt zu bleiben und in der Vergangenheit verhaftet zu leben. Hoffnung vermittle ein Gefühl dafür, dass das Schicksal nicht besiegelt ist, sondern das etwas Neues kommen kann“, sagte Lux. Deshalb habe er mit Überzeugung und Begeisterung die Aufgabe übernommen, im Freundeskreis der Partnerstädte die Städtepartnerschaft federführend zu unterstützen.

„Die Ehrenbürgerwürde nehme ich an mit großer Ergriffenheit, tief empfundener Dankbarkeit und Demut.“

Beim Galaabend wurde auch die Schulpartnerschaft zwischen dem Gymnasium I in Trebnitz und dem Kitzinger Armin-Knab-Gymnasium unterzeichnet. In Vertretung von Schulleiterin Margit Hofmann sprach Lehrerin Monika Vogel in fließendem Polnisch gegenüber Direktorin Elzbieta Nowak eine Einladung für einen Besuch des Trebnitzer Gymnasiums 2017 nach Kitzingen aus.

Pater Jerzy Olszowka überreichte OB Müller eine Urkunde zur Mitwirkung im Ehrenkomitee, das das 750-jährige Jubiläum der Heiligsprechung der heiligen Hedwig durch Papst Clemens IV vorbereitet.

Kulturhauptstadt Breslau besucht

Weitere Kontakte wurden auch zwischen den Musik,- Berufs- und Grundschulen geknüpft. Claus Christoph und Renate Haass trafen sich mit Trebnitzer Künstlern zur Vorbereitung einer Ausstellung zum zehnjährigen Bestehen der Städtepartnerschaft.

Auf dem weiteren Programm für die Reisegruppe standen unter anderem auch der Besuch in der europäischen Kulturhauptstadt Breslau, die Besichtigung von Schloss Fürstenstein in Waldenburg, und die Teilnahme am Trebnitzer Obstgartenfest.

Bernd Moser: Ein Beispiel des Gelingens

Im Rahmen des Besuchs einer Kitzinger Delegation in unserer polnischen Partnerstadt, im September diesen Jahres, wurde dem stellvertretenden Vorsitzenden des Freundeskreises der Partnerstädte Kitzingen und für den Austausch mit den polnischen Freundinnen und Freunden zuständigen Vorstandsmitglied Claus Lux die Ehrenbürgerwürde von Trzebnica (Trebnitz) verliehen. Dies war im Zusammenhang mit den bestehenden Partnerschaften die erste Verleihung der Ehrenbürgerschaft an eine Persönlichkeit, die nicht gleichzeitig oberster Repräsentant einer der Städte war.

In seinem Werk "Das Prinzip Hoffnung" spricht Ernst Bloch davon, dass "es darauf ankäme, das Hoffen zu lernen" und fügt hinzu, dass das Gefühl des "Hoffens (...) die Menschen weit mache, statt sie zu verengen".

Die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Claus Lux durch den Stadtrat unserer polnischen Partnerstadt ist, wie ich meine, nicht nur ein historischer Augenblick in der kurzen Geschichte dieser Partnerschaft, sondern auch ein besonderes Signal der Hoffnung für die dauerhafte Aussöhnung zwischen der polnischen und deutschen Nation.

Um deren Bedeutung erfassen zu können ist es zunächst nötig, sich bewusst zu machen, in welch engem Maße die Geschichte der deutschen und polnischen Nation und das Schicksal ihrer Menschen in der Vergangenheit und vor allem in der neueren und neuesten Zeit miteinander verwoben waren und sind.

Friedrich II., der sogenannte "Große", der danach trachtete die brandenburgischen Stammlande zusammenzuführen, ihnen weitere Bereiche wie Schlesien und Sachsen hinzuzufügen, um dadurch Preußen zu einer europäischen Macht zu erheben, trat deshalb in drei Schlesischen Kriegen (1740 - 1763) als Aggressor gegen das habsburgische Österreich Maria Theresias auf und war gleichfalls Initiator der ersten Polnischen Teilung von 1772, der bis 1795 zwei weitere folgten. Mit der endgültigen Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) endeten die seit 1792 in Mitteleuropa tobenden Kriege. Die Beschlüsse des darauf folgenden Wiener Kongresses von 1815 regelten die territoriale Neuordnung Mitteleuropas und machten das Streben Polens nach einer staatlichen Einheit im größeren Rahmen unmöglich, ganz zu schweigen von der Vision eines "Groß-Polen". Selbst in den Debatten der Frankfurter Nationalversammlung von 1848 wurden, mit Blick auf die Wiedergründung Polens, von verschiedenen Rednern slawische Gebietsansprüche bis an die Saale als grundsätzlich berechtigt qualifiziert, Gebiete, die ihnen seit dem 10. Jahrhundert entrissen worden waren. Die polnischen Forderungen wurden jedoch auf der Grundlage eines "gesunden Volksegoismus" pauschal abgelehnt. Dies geschah im Namen eines Grundsatzes der Machthaber, den der englische Premierminister Lord Palmerston Mitte des 19. Jahrhunderts den Vertretern des sogenannten "Kongresspolens" entgegenhielt, als diese um die Unterstützung Englands gegenüber der Besatzungsmacht Russland und für die Unabhängigkeit Polens baten und dies mit dem Gebot der "Humanität" begründeten. Seine Antwort lautete: "Wir sprechen über Politik, nicht über Humanität!" Politik wird damit zum bloßen Ausdruck von Interessen und ohne direkten Bezug zu Humanität, den Grundsatz, der doch menschliches Zusammenleben prägen sollte.

So war erst das Ende des "Großen Krieges", des 1. Weltkrieges, verbunden mit dem Zusammenbruch der alten Weltordnung, der Moment der Wiedergeburt des polnischen Nationalstaates. Doch bereits gut zwanzig Jahre später machte der im Namen Deutschlands begonnene 2. Weltkrieg dem schon wieder ein Ende und die Humanität geriet ein für allemal unter die Räder. Polen hatte in Relation zur Anzahl der Bevölkerung dabei die meisten Opfer zu beklagen.

In Folge der territorialen Konsequenzen des Potsdamer Abkommens, die aufgrund des geheimen Hitler-Stalin-Paktes auch einen Teil der polnischen Bevölkerung zu Vertriebenen machte, mussten etwa 7 Millionen Deutsche, die bis 1945 und seit vielen Generationen in diesem westlichen Teil des heutigen Polen gelebt hatten, das Land verlassen, wenn sie nicht schon vorher aus Angst vor den Truppen der Roten Armee und der Rache der Befreiten geflohen waren.

Die 200 Jahre Krieg und Vertreibung in Europa, die in der Apokalypse des 2. Weltkriegs ihren grausamen Höhepunkt erfuhren, ließen nach den Jahren des wirtschaftlichen Wiederaufbaus bei vielen und gerade auch jungen Menschen in Deutschland die Überzeugung wachsen, dass unser demokratisches Gemeinwesen Bürgerinnen und Bürger braucht, die das "Wagnis der Öffentlichkeit" (Hannah Arendt) eingehen und sich einmischen. Die Gestaltung unserer Welt und die Ausprägung unserer demokratischen Gesellschaft sollte nicht allein den Repräsentanten der "großen Politik" überlassen werden und sich auch nicht allein auf die wiederkehrende Wahrnehmung des Wahlrechts zur Auswahl eben dieser Repräsentanten beschränken. Dies gilt im besonderen Maße gerade auch für unsere Zeit, in der eine zunehmende Anzahl von politischen "Machthabern" und Aspiranten der Macht dem benachteiligten, abgehängten, ängstlichen und wütenden Teil ihrer jeweiligen Bevölkerung vorgaukelt, die Probleme der globalisierten Welt durch einen Rückfall in Handlungsmuster des 19. Jahrhunderts bzw. des Isolationismus lösen zu können - anstatt sich dem Thema der ungerechten Verteilung von Bildung, Wissen und materiellem Reichtum grundsätzlich zuzuwenden und nach gerechten und nachhaltigen Lösungen zu streben.

Das Beispiel von Claus Lux ist ein Beleg dafür, in welchem Maße das öffentliche Engagement des einzelnen Bürgers einen bedeutenden Beitrag zur Gestaltung einer menschlicheren Welt leisten kann. Seine Generation hat die entsetzlichen Auswirkungen des 2.Weltkrieges körperlich und seelisch erlebt. Zusammen mit seiner Familie musste er seine Heimat Schlesien als Siebenjähriger verlassen, fand nach einigen Irrungen mit ihr nach Kitzingen und die Flüchtlingsfamilie wurde zum Modell für eine gelungene Integration, wie man heute sagen würde. Die Familie Lux fand damit eine neue Heimat.

Claus Lux folgte dem Beispiel seines Vaters, erlernte das Handwerk des Pfefferküchlers, legte später die Meisterprüfung im Bäckerhandwerk ab und betrieb bis 2000, zusammen mit seiner Familie erfolgreich einen Bäckereibetrieb mit drei Filialen. Gleichzeitig engagierte er sich als Obermeister in der Innung, deren Ehrenobermeister er noch heute ist.

Der alten Heimat Schlesien blieb er stets verbunden, seit 1981 als Vorsitzender der Landsmannschaft und seit 1990 als Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen. Sein Gefühl für die verlorene Heimat war jedoch nicht allein geprägt vom Gefühl der Trauer ob des Verlustes wie es bei den ihm vorausgehenden Repräsentanten in diesen Organisationen vorherrschte. Ihnen gelang es meist nicht aus dem Jahrhunderte währenden, verhängnisvollen Kreislauf auszubrechen und den Mustern des "Revanchismus" "valet, lebe wohl" zu sagen. Gleiches gilt sicher auch mehrheitlich für die Väter-Generation der Vertriebenen. Claus Lux jedoch war der Überzeugung, dass in der Trauer verharren bedeutet, bitter ja aggressiv zu werden, rückwärtsgewandt und in der Vergangenheit verhaftet zu leben.

Das Gefühl der Hoffnung ist das genaue Gegenteil von Trauer. Die Hoffnung vermittelt uns das Gefühl dafür, dass das Schicksal nicht besiegelt ist, sondern dass etwas Neues kommen kann. Für Claus Lux, wie für viele andere seiner Generation, die das Grauen und die Folgen des 2.Weltkriegs bewusst erlebt haben, war es die Hoffnung auf ein neues Europa, geprägt von den Werten der Demokratie, von Toleranz, Menschlichkeit und Versöhnung.

Er mischte sich deswegen auch in die Kommunalpolitik ein und wirkte fast 12 Jahre als Mitglied des Stadtrates seiner neuen Heimatstadt. Deshalb war es für ihn nur konsequent, sich frühzeitig für die Begegnung mit Trzebnica zu interessieren, damals auf kirchlicher Ebene. Als sich im Jahr 2007, der auch heute noch amtierende Bürgermeister Dlugoschima mit der Bitte an die Stadt Kitzingen wandte, die Verbindungen wieder aufzunehmen, um zu einer wirklichen Partnerschaft zu gelangen, setzte sich Claus Lux vehement für ihr Gelingen ein und übernahm mit großer Überzeugung und Begeisterung diese Aufgabe, um sie auch auf Seiten des Freundeskreises der Partnerstädte federführend zu unterstützen.

Seit der feierlichen Besiegelung der Verbindung im Jahr 2009 wurden offizielle Partnerschaften zwischen den Musikschulen unserer Städte und den Gymnasien begründet. Gleichzeitig trugen die zahlreichen Begegnungen zwischen Bürgerinnen und Bürgern unserer beiden Städte bei offiziellen und privaten Anlässen dazu bei, gegenseitiges Interesse zu wecken, die Anderen kennenzulernen, zu verstehen, Freundschaften zu schließen, miteinander zu feiern, zu musizieren, zu tanzen und sich zu freuen.

Claus Lux hat einen sehr großen Anteil am besonderen Gelingen dieser Städtepartnerschaft, wohl auch deshalb weil "er ein besonderer Mensch ist, er fühlt was wir fühlen" wie Bürgermeister Dlugoschima bei seiner Auszeichnung formulierte.

Claus Lux hat seine einst verlorene Heimat wiedergefunden und fühlt sich auch dort wieder daheim, weil er dort verstanden, ja geliebt wird und er die Menschen in Trzebnica auch liebt.

Er hat auf die Hoffnung gesetzt, war ins Gelingen verliebt und hat dafür einen entscheidenden Beitrag geleistet. Er hat ein Beispiel gegeben, das Mut für Nachahmer macht!